Demokratie - das kann ja lustig werden!

Demokratie - das kann ja lustig werden!

IfmD
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3. 06. 2021
2 Minuten Lesezeit

Am 26. Mai 2021 diskutierten im Rahmen der Veranstaltungen zu den Ausstellungen „Demokratie ist lustig“ und „Direkte Demokratie in Südtirol – jetzt geht es!“ in Mals der Schweizer Politikwissenschaftler Andi Gross, Stephan Lausch von der Initiative für mehr Demokratie und die beiden Künstler Hannes Egger und Thomas Sterna über die Demokratie. Was fehlt der herrschenden parlamentarischen Demokratie? Kann aus dem Kampffeld der Politik ein Ort der Verständigung werden?

Die drei großen Gefahren der Menschheit – eine vervollständigte Demokratie als Lösung?

The world is at the most dangerous moment in human history!

Der Linguist und Philosoph Noam Chomsky benennt die drei großen Gefahren der Menschheit: den Atomkrieg, die Überhitzung der Erdatmosphäre und die Zerstörung der Demokratie. Die zwei erstgenannten Gefahren können nur gebannt werden, und eine Hoffnung auch allen anderen Gefahren begegnen zu können, gibt es nur, wenn die Menschen gemeinsam, wenn sie demokratisch festlegen können, was sein darf und soll und was nicht.

Das ist in 99% der Länder noch nicht möglich. Andi Gross kommt aus dem Land, in dem das möglich ist und wir leben in einem kleinen Land, in dem wir auf dem besten Weg dorthin sind.

Andi Gross über die Herausforderungen der direkten Demokratie in der Schweiz

Die Schweiz ist eine Sonntagsdemokratie, die sich bisher nicht einig darüber wurde, “was eine bedrohliche Entwicklung ist” und wie diese gerecht überwunden werden könnten. So haben wir keine demokratische Wirtschaft. Das bedeutet, dass Menschen zwar politisch frei sind, wirtschaftlich aber abhängig. So können viele ihre politische Freiheit nicht nutzen.

Wer mindestens fünf Tage in der Woche unter Arbeitsdruck – und nicht selbstbestimmt – gezwungen ist, sich sein Leben zu verdienen (!), der kann am Wochenende seiner Verantwortung nicht gerecht werden. Vielen vergeht so auch die Lust, sich politisch zu betätigen. Zudem gilt es auch die direktdemokratischen Instrumente zu verbessern. Beispielsweise mit der Information an die BürgerInnen über die Herkunft der Gelder, mit denen im Hinblick auf Volksabstimmungen Werbung gemacht wird, sowie deren gerechte Verteilung.

Wie können wir die Demokratie in Südtirol zukunftsfest machen?

Wir erleben es schon lange: Parlamente schaffen es in ihrem konkurrenzbestimmten Widerstreit der Interessen nicht, die notwendigen Antworten zu finden auf die drängenden großen Fragen. Im besten Fall landen sie bei Kompromissen, die aber niemanden wirklich überzeugen und in der Umsetzung weiter verwässert werden.

Ausgeloste Bürgerräte hingegen sind imstande, das für eine Gesellschaft jeweils im Moment Mögliche auszuloten. Weltweit haben das schon viele Bürgerräte vorgemacht. Im Bürgerrat kämpft niemand um eine Machtposition und streitet um Interessen, sondern alle ausgelosten BürgerInnen versuchen, in ihrer Verschiedenheit, einen Konsens zur notwendigen Lösung einer Frage zu finden. Dank ihrer Verschiedenheit sind ihre Lösungsvorschläge vielgestaltig und gerecht.

Die Bürgerrats-Initiative
Die Bürgerrats-Initiative

Auch die parlamentarische Demokratie muss und kann verbessert werden. Mit einem von BürgerInnen gemacht und beschlossenen Wahlgesetz kann festgelegt werden,, dass eine Bürgerdemokratie gilt und keine Parteiendemokratie mehr herrscht. So lange wir z.B. nicht listenübergreifend wählen dürfen, ist dies aber nicht der Fall. Ein neues Wahlgesetz muss u.a. sicherstellen, dass wir Abgeordnete bekommen, die sich zuerst ihren Wählern und nicht ihren Parteien verpflichtet fühlen und sich von diesen emanzipieren können.

Ist echte Demokratie eine Illusion?

Eine echte Demokratie ist keine Illusion, sondern eine Utopie im Sinne von Ernst Bloch. Sie ist etwas Werdendes und sich immer weiter Verbesserndes, das aber nie vollständig erreichbar ist. Eine perfekte Demokratie wäre illusionär, eine echte Demokratie kann aber angestrebt werden.


Photos by Wolfgang Wohlfahrt, LANAART.

Aktualisiert: 13. 10. 2021

Weiterführend

Videoaufzeichnung der Veranstaltung auf Youtube

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Faltblatt der Ausstellung “Demokratie ist lustig”

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