Anmerkung zu Frage 9

„Bis heute gibt es keine Mandatsbeschränkungen. Das hat zur Folge, dass viele Politiker ihr Mandat wie einen Beruf ansehen, den sie so lange als möglich auszuüben versuchen. Befürworten sie eine Beschränkung des Mandates im Sinne eines für begrenzte Zeit auszuübenden Zivildienstes?“

Die Positionen betreffend eine Mandatsbegrenzung verstehen sich aus der Art, wie die Aufgabe eines Abgeordneten gesehen wird. Wer eine Mandatsbegrenzung ablehnt oder mindestens drei hintereinander bestreitbare Legislaturperioden befürwortet, geht in der Regel davon aus, dass diese Aufgabe erst gelernt werden muss und dass Kompetenzen erworben werden müssen, wofür zwei oder gar eine Legislatur niemals ausreichen können. Einer solchen Position kann entgegengehalten werden, dass man die Legislatur dann ja gleich auf 10 oder gar fünfzehn Jahre verlängern kann, denn wie könnte man einen Mandatar dann schon nach fünf Jahren bei einer neuen Wahl bewerten, wenn er bis dahin aufgrund mangelnder Durchsicht und Erfahrung noch nicht ausreichend Gelegenheit hatte, sich zu bewähren. Die Zuteilung von Regierungsämtern erfolgt in der Regel aufgrund parteiinterner Vorgänge, die kaum transparent und kaum mit vorhandenen Sachkompetenzen zu tun haben. Auch wechseln Landesräte von einer Legislatur zur anderen in völlig andere Bereiche.
Wer für eine Mandatsbegrenzung auf maximal zwei Legislaturen, evtl. sogar auch nur auf eine ist, der verbindet mit der Aufgabe eines Mandatars weniger erlernbare Fähigkeiten, als eine Sichtweise, ein Verständnis und eine Haltung, die ihn befähigen, diese Funktion zufriedenstellend auszuüben. Dazu gehören kommunikative Eigenschaften mittels derer jemand schnell einen Durchblick in Problematiken erhalten kann, die Fähigkeit der Kooperation mit den in einer Gesellschaft vorhandenen Potenziale, eine solide humanistische Grundbildung und eine moralische Integrität.

Der Unterschied ist vielleicht am ehesten beschreibbar anhand völlig unterschiedlicher Erwartungen an einen Lehrer oder an die Schule. Die eine will die Fähigkeit zur Vermittlung quantitativen Wissens, die andere die Fähigkeit zur Anleitung, Motivierung und Unterstützung für den Lernenden, sich jeweils die nötigen Kenntnisse anzueignen.
Im einen Fall also erwartet man sich von einem Mandatar eher eine Person, die aufgrund von Erfahrung und Sachwissen überdurchschnittlich gute Voraussetzungen zur Bewertung von Sachlagen und Auffinden von Lösungen hat, im anderen Fall eher jemanden, der mit einer eigenen Sensibilität Probleme gut wahrnimmt und gut Strategien entwickeln kann, um Möglichkeiten der Problemlösung zu finden und abschätzen zu können.
Eine eher oberflächliche Motivation zur Entscheidung für die eine oder andere Position ist natürlich die, die in einer Mandatsbegrenzung zugleich die Möglichkeit der Einschränkung des Machtmissbrauches und die der Erneuerung der politischen Vertretung sieht. Machtmissbrauch dürfte eher unabhängig von der Zeitdauer, in der er betrieben werden kann und eher gebunden sein an die Charaktereigenschaften einer Person. Eine Erneuerung fände damit natürlich statt, aber ohne Gewähr auf eine Verbesserung.

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