Landeshauptmann Kompatscher verletzt das par condicio-Gesetz mit vollkommen irreführenden Behauptungen zum Referendum

Am Mittwoch, 11.5.2022 ist in mehreren Medien eine Stellungnahme des Landeshauptmannes erschienen, die dreifach zu beanstanden ist:

1. Arno Kompatscher ist in seiner Funktion als Landeshauptmann gesetzlich verpflichtet, sich an die par condicio-Regelung zu halten und damit sich jeder Werbung für eine Position zu enthalten. Der Landesbeirat für Kommunikationswesen erhält eine Kopie dieses Mails und wird gebeten, sich damit zu befassen.

Par-condicio-Gesetz

Art. 9. Disciplina della comunicazione istituzionale e obblighi di informazione.

1. Dalla data di convocazione dei comizi elettorali e fino alla chiusura delle operazioni di voto è fatto divieto a tutte le amministrazioni pubbliche di svolgere attività di comunicazione ad eccezione di quelle effettuate in forma impersonale ed indispensabili per l'efficace assolvimento delle proprie funzioni

2. Es werden listig die Kosten des Referendums aufgelistet, um die BürgerInnen mit den "unnötigen" Kosten gegen das Referendum aufzubringen. Verschwiegen wird, dass das Referendum nicht ergriffen worden wäre, wenn die Landtagsmehrheit nicht die Unverfrorenheit gehabt hätte, trotz wiederholter Androhung des Referendums, mit dem Gesetz zur Behebung der technischen Mängel des Direkte-Demokratie-Gesetzes (für die sie verantwortlich ist) gleichzeitig das Referendum abzuschaffen. Und weiters, dass die Hälfte der Kosten gespart worden wäre, wenn er mit dem Dekret zur Festsetzung des Datums gewartet hätte, bis das Datum der nationalen Referenden festgesetzt worden ist. Absicht oder Nachlässigkeit?

3. Vom Landeshauptmann werden im Artikel Aussagen wiedergegeben, die völlig falsch sind und mit denen die Bürger getäuscht werden. Sie betreffen die Feststellung, dass es ein solches Referendum, wie es jetzt zur Debatte steht, nicht einmal in der Schweiz gäbe. Das ist eine Behauptung, die eine völlige Unkenntnis von Direkter Demokratie in der Schweiz und darüber hinaus deutlich macht. Das Referendum ist in der Schweiz ein Grundpfeiler der Demokratie, von dem Historiker sogar sagen, dass nicht die Schweiz dieses Instrument hervorgebracht hätte, sondern sich mit diesem Instrument die Schweiz gebildet hätte.
Das Inkrafttreten eines Gesetzes muss in der Schweiz nicht erst präventiv von x Promotoren aufgeschoben werden, um ein Referendum dagegen ergreifen zu können, wie es in Südtirol vorgesehen worden ist, sondern es treten dort alle Gesetze erst nach der 100-Tage-Frist in Kraft, innerhalb der mit einer Unterschriftensammlung das Referendum darüber erwirkt werden kann. Sie treten nur dann in Kraft, wenn diese Frist ungenutzt verstrichen oder wenn das Gesetz in der Volksabstimmung angenommen worden ist.
Und, man stelle sich vor, es ist nicht nur in der Schweiz so, sondern auch in Südtirol seit 2002 mit dem Referendum, das jetzt zur Rettung des Referendums angewandt wird. Die Gesetze gemäß Autonomiestatut Art. 47 treten grundsätzlich erst drei Monate nach ihrer Verabschiedung im Landtag in Kraft, wenn inzwischen nicht das Referendum dagegen ergriffen worden ist.
Die Regelung mit den 300 Promotoren ist ein im partizipativen Prozess, aus dem das Gesetz 22/2018 zur Direkten Demokratie hervor gegangen ist, ausgehandelter Kompromiss, mit dem man vermeiden wollte, dass alle referendumsfähigen Gesetze, Monate auf ihr Inkrafttreten warten müssen. Das sollte hingegen mit dieser Regelung nur für jene Gesetze gelten, gegen die ausreichend Promotoren die Absicht haben, ein Referendum zu ergreifen und Unterschriften dafür zu sammeln. Das Ergreifen eines Referendums wird damit in Südtirol im Vergleich zur Regelung in der Schweiz erheblich erschwert und es ist effektiv in den dreieinhalb Jahren noch nicht zur Anwendung gekommen.
Wir hätten absolut nichts dagegen, wenn anstatt diese einschränkenden Kompromissregelung für das Referendum über die einfachen Landesgesetze mit jener Regelung ersetzt würde, die bei uns seit 2002 schon für das bestätigende Referendum über die Statutsgesetze gilt: Ohne Quorum, mit 8.000 Unterschriften, und nicht 13.000, zu erwirken und ohne 300 Promotoren! Aber natürlich gäbe es auch diese nie und nimmer, wenn sie nicht vom ital. Parlament ins Statut geschrieben worden wäre und hat das Referendum über einfache Landesgesetze viel restriktiver ausfallen müssen.

In den Medien sind für die LeserInnen irreführende Aussage gemacht worden, die eine Richtigstellung mit den hier zur Verfügung gestellten Informationen verlangen.

Im Anhang eine vergleichende Tabelle der Regelungen in der Schweiz und in Südtirol (hier für beide Formen des Referendums).

Regelung des Referendums in der Schweiz und in Südtirol

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